Wer? | Kai ``3 of 11'' Baukus |
Ben ``1 of 11, 5 of 9'' Lukoschus | |
Karsten ``2 of 11'' Stahl | |
Wohin? | Berlin |
Wann? | 26. März - 1. April 2000 |
Warum? | ETAPS 2000 |
Kurz vor Hamburg begann das Qualifikationstraining für das Formel-1-Rennen in São Paulo (Brasilien). Da mir das Ausmaß von Kais Sucht nach dieser Sportart bereits seit längerem bekannt war, hatte ich vorgesorgt und für diesen Zweck (und das Rennen am folgenden Tag) von Ingo (Danke an dieser Stelle) einen kleinen transportablen Fernseher ausgeliehen. Die Nähe zum Fernsehturm in Hamburg machte es auch durchaus möglich, das Training teilweise zu verfolgen. Den Rest der Fahrt verbrachten wir ausschließlich mit etlichen Runden Skat.
Erst in Berlin begann der Tag spannend zu werden. Wir kamen am Bahnhof Zoo um 17:22 Uhr an. Nun mußten wir ``Mitte's Backpacker Hostel'' finden. Zunächst schien die S-Bahn als Verkehrsmittel angebracht. Vorausschauend und durch die Hinweise auf dem Fahrkartenautomaten nicht allzu verwirrt beschlossen wir, eine 7-Tage-Karte des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg für 40 DM zu erstehen, als uns plötzlich jemand seine März-Monats-Umweltkarte günstig verkaufen wollte. Abgeschreckt durch Unbekanntes in Großstädten und der Tatsache, daß die Reisekostenabteilung eventuell Schwierigkeiten machen könnte, lehnten wir dankend (naja, eher schweigend) ab.
Die Routenplanung war schnell erledigt. Mit einmal Umsteigen in den U-Bahnhof Friedrichstraße kamen wir schließlich an der Station Zinnowitzer Straße an, die in unmittelbarer Nähe des Backpacker liegen sollte. Zunächst verwirrte uns die Sortierung der Hausnummern etwas, aber dann war ich mir sicher, den richtigen Ort gefunden zu haben, welcher sich jedoch als ein leeres Baugrundstück erwies, auf dem es einen Schutthaufen und zwei Kräne (oder Krane, wie die Bauprofis sagen) gab, sonst nichts.
Schließlich war die richtige Adresse doch zwei Häuser weiter, und wir konnten uns recht problemlos einquartieren. Wir zahlten erstmal für zwei Tage (haben mal lieber nicht nach Kreditkartenzahlmöglichkeit gefragt) und bekamen das 4-Bett-Zimmer Nummer 11 zugewiesen. Aufgrund des niedrigen Preises (33 DM pro Nase und Nacht) erwarteten wir nicht allzu viel Komfort (Kai hatte trotzdem kein Handtuch mit, hehe), und unsere Erwartungen wurden voll erfüllt. Die Einrichtung des Zimmers bestand aus vier numerierten Betten, welche uns zur Wahl von Borg-Spitznamen motivierte (siehe oben), und je einem Regal (15×25 cm) für jedes Bett.
Ein großes Problem stellte die Versorgung mit elektrischer Energie dar: Es gab nur eine Steckdose, und deren Nutzung mußte insbesondere nachts genau geplant werden, um die chemischen Energiespeicher der beiden Notebooks, des MD-Players und des Mobiltelefons in Höchstform zu halten. An diesem Detail merkten wir wieder einmal deutlich, daß wir uns vom Durchschnittspublikum dieses Low-Cost-Etablissements erheblich unterschieden.
Da wir nunmal einen Fernseher dabeihatten und RTL II terrestrisch empfangbar war, einigten wir uns schnell darauf, abends regelmäßig BigBrother® zu schauen. Weitere Routinebeschäftigungen wurden der Verzehr von Dönern und Fetakäse-Spinat-Teigschnecken von einem türkischen Imbiß nebenan und Skat bis zum Umfallen.
Karsten und Kai bestanden darauf, nachts das Fenster offen zu lassen, und ich bestand im Gegenzug auf die Nutzungsrechte der Decke des leeren 4. Bettes.
Ohne Frühstück (hätte man sich in einer Küche selber machen können/müssen) ging es in Richtung Westberlin, zur TU Berlin. Dazu mußten wir wieder per U-Bahn zurück zur Friedrichstraße, dann mit der S-Bahn zum Bahnhof Zoo, und schließlich nochmal mit der U-Bahn zum Ernst-Reuter-Platz. Später stellten wir fest, daß es schneller war, bereits am Tiergarten die S-Bahn zu verlassen und eine längere Strecke zu Fuß zu gehen. Eine echte Alternative, insbesondere bei gutem Wetter, welches wir aber nicht hatten.
Wir kamen nur leicht verspätet zur Eröffnungsrede von ... ach ja, vom den Vorträgen wollte ich ja nichts schreiben, Entschuldigung.
Die Kaffeepause war für drei hungrige Leute ohne Frühstück etwas enttäuschend, da es noch nicht einmal Kekse gab. Die Getränke waren aber in Ordnung; insbesondere war es das erste derartige Treffen, bei der das Teewasser (fast) nie nach Kaffee schmeckte. Die Keksesituation änderte sich (nach Beschwerden?) in den nächsten Tagen erheblich, und es wurden Unmengen an hervorragenden Kuchen, sowie Äpfeln und Bananen aufgetischt.
Zum Mittagessen gingen Kai, Kai Engelhardt und ich nach langer Suche in ein italienisches Restaurant. Das Essen war gut, nur das Mineralwasser war frech teuer, aber das hat ja Kai E. bezahlt. Dienstag bis Freitag gingen wir immer in der Kantine im Unigebäude essen. Recht schmackhaft.
Die Gebäude der Universität machten einen eher häßlichen Eindruck, eventuell mit der folgenden Ausnahme.
Um 20 Uhr verließen wir dieses bunte Treiben, um, einem Rat des netten Backpacker-Rezeptionsmädels folgend, einen Blick in die Oranienburger Straße zu werfen, die kneipentechnisch ein Muß darstellen sollte. Wir gingen ins Tacheles, und bestellten dort einige Runden, während sich um unseren Tisch herum zwei Hunde vergnügten. Nebenan besichtigten wir noch ein extrem baufälliges Treppenhaus, vom dem aus ein Kino und diverse Künstlerateliers/-wohnungen abzweigten. Eine ``Kunstausstellung'' schauten wir uns genauer an:
Ben: ``Das ist wie in Yassines Zimmer, da kann man die Kreativität förmlich riechen.''Dieses Haus verließen wir durch den Hinterhof, welcher ein reichhaltiges Sortiment diverser Grade von Baufälligkeit zur Schau stellte. Unter ständigem Gequengele von Kai, daß wir die Straßenbahn hätten nehmen können, gingen wir zu Fuß die Strecke von etwa 1 km ins Hostel zurück, und der Abend war gelaufen.
Kai: ``Eine Dose Verdünner kann ich hier wohl für dich auftreiben.''
David Harel über Unstimmigkeiten in Standards: ``Maybe this is the way it works: First you make a standard, and then you start thinking.''Am Spätnachmittag machten wir trotz Wind und Nieselregen eine kleine obligatorische Touri-Tour. Nach einer Besichtigung der imposanten neuen Gebäude am Potsdamer Platz ging es durch den Wald des Tiergartens zum sowjetischen Ehrenmal (Kai: ``Russendenkmal''), von dort aus ein wenig entlang der Straße des 17. Juni, und dann zum Reichstagsgebäude. Nach einem lausigen Sicherheitscheck (meine Tasche war vollgestopft bis zum Rand mit elektronischem Zeugs) durften wir dann auch auf die Dachterasse, aber der Weg hinauf entlang der Glaskuppel war die ganze Woche zur Glasreinigung gesperrt. Danach gingen wir noch durch das Brandenburger Tor.
Bemerkenswert pragmatisch sind die Schilder für Radfahrer im Tiergarten. Darauf heißt es einfach, daß man überall dort fahren darf, wo die Wege breit genug sind, und man soll auf Fußgänger aufpassen. Daran sollten sich die Z237-Schrauber in Kiel mal ein Beispiel nehmen.
Im Hostel informierte man uns, daß wir aufgrund der zunehmenden Zimmerauslastung eventuell ab Donnerstag mit einem vierten Gast in unserem Zimmer zu rechnen hatten. Wir verzichteten großzügig darauf, ein Wunschprofil für ``4 of 11'' einzureichen.
Den ganzen Tag redete Kai schon davon, abends in den Tresor zu gehen, ein altes Hochsicherheitsspeichergebäude aus DDR-Zeiten, das nun (Gerüchten zufolge nicht mehr lange) eine Technodisco beherbergt. Als Kai schon fast nicht mehr damit rechnete, daß ich mitkomme, sagte ich abends in einem Anfall von Mitleid doch noch zu, und wir machten uns um 22:40 Uhr auf den Weg.
Nachdem wir schon auf dem Hinweg etliche Rückfahrstrategien geplant hatten (S- und U-Bahnen fahren zwischen 1 und 4 Uhr nicht), mußten wir am Ziel feststellen, daß die Adresse, die Kai herausgesucht hatte, die tatsächliche ``Location'' (sagt man wohl so unter Techno-Jüngern) um ca. 4 km verfehlte. Der Vorteil davon war immerhin, daß eine Rückfahrt mit dem Taxi einigermaßen bezahlbar wurde.
Am Potsdamer Platz sprach uns ein Mädel an, das kurz zuvor ein Konzert der finnischen Gruppe ``Him'' besucht hatte. Ihr nächster Zug nach Hause fuhr erst morgens, und sie wollte die Nacht einfach in irgendeiner Disco durchbringen. Souverän führten wir sie in den Tresor, obwohl wir den Weg dorthin selbst noch nicht kannten. Sie schien wenig begeistert von dem Laden, aber das war uns auch egal, zumal sie die Musik von ``Him'' als Heavy Metal bezeichnete, was ihre Musikkenntnisse als nicht vorhanden erscheinen ließ.
Meine Meinung über dem Laden: Kann man sich mal anschauen (incl. Publikum, das gar nicht so jung war, wie Kai befürchtet hatte), aber wer keine Ohrstöpsel dabeihat, ist ein Idiot oder schon taub oder Techno-Fan. Ich hatte welche dabei.
Abends spielten wir mal wieder Skat bis 00:30 Uhr, weil Karsten und Kai nicht aufhören wollten, ohne ein Spiel vernünftig gewonnen zu haben.
Dann ging es wie immer zur Uni, wobei Karsten und Kai ihr gesamtes Gepäck dabei hatten, so daß wir uns für den längeren Weg mit kürzerem Zu-Fuß-Anteil entschieden.
Gegen Abend brachen Karsten und Kai dann auf und verpaßten so die reich bebilderte Vorstellung des Konferenzortes für ETAPS 2001.
Gespannt auf meine Zimmernachbarn schlug ich eine Einladung zum Essen aus und machte mich allein auf den Weg zum Hostel. Dort fand ich nur zwei Leute vor, Peter und Rhianda aus Minnesota, USA. Rhianda kam übrigens aus Fargo, dem Ort, in dem der gleichnamige Film spielt.
Beide hatten schon eine ausgedehnte Deutschlandtour (München, Salzburg, Nürnberg) hinter sich und wollten noch bis Sonntag in Berlin bleiben. Peter erzählte mir, daß es sich bei einem der abwesenden Zimmergenossen um Tobias Engler handelte, einem Mitarbeiter des Heise-Verlags, der u.a. für die Zeitschrift c't schreibt. Dieser tauchte jedoch erst auf, als ich schon im Bett war, daher habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Das einzige, was ich über ihn weiß, ist, daß er noch das Fenster öffnete, und das, wo ich diesmal nur eine Decke zur Verfügung hatte.
An diesem Abend füllte sich das Hostel noch mit einer Horde lauter Italiener.
Um 07:45 Uhr wollte ich aufstehen und hatte den Alarm meiner Armbanduhr entsprechend gestellt. Als dann um 07:44:30 eine andere Uhr lospiepte, brauchte ich doch recht lange, um zu begreifen, warum ich diesen Alarm an meiner Uhr nicht abstellen konnte. Trotzdem war ich als erster im Bad, kurz bevor alles wie ein vollgedrängter italienischer Marktplatz aussah.
Vielleicht war es dann auch Tobias Engler, der da noch in der Schlange vor der Dusche wartete, als ich bereits fertig war. Der Checkout im Hostel war schnell erledigt, und ich machte mich auf den Weg. Peter und Rhianda schliefen noch. Entlang der Straße des 17. Juni gab es den wöchentlichen Flohmarkt, der den Weg zur Uni interessanter aber auch langsamer gestaltete.
Als Markus Müller-Olm in der Mittagspause feststellte, daß Hartmut Ehrig auf vier der fünf ``Daily ETAPS''-Ausgaben abgebildet war, eskalierte die Situation etwas, weil ein Professor dies gleich allen Leuten erzählen mußte.
Die letzte Kaffeepause und den letzten Vortrag nutzte ich dazu, den Akku meines Notebooks nocheinmal aufzuladen, damit ich in der Bahn bereits mit dem Schreiben des Reiseberichts anfangen konnte.
Als schließlich alles vorbei war, gestaltete es sich als schwierig, an die Garderobe heranzukommen, da der Kreuzbund (Plakat: ``Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe'') eine Veranstaltung abhielt. Als Folge standen viele Leute in den Gängen herum, rauchten und verzehrten Kaffee und Kuchen. Einige machten sich sogar an den ETAPS-Kaffeepause-Vorräten zu schaffen.
In der U-Bahn gab es dann erste Anzeichen des Fußballspiels Herta BSC Berlin gegen Schalke 04 (Endstand 2:1). Überall standen schwer gepanzerte Polizei/BGS-Beamte herum, und auch die BVG hatte zusätzliche Mitarbeiter im Einsatz. Außer Rumgegröhle ist mir aber nichts besonderes aufgefallen.
Schließlich ging es um 18:45 Uhr mit dem ICE nach Hamburg (mit Steckdose), und dann mit dem RE weiter nach Kiel (mit Akku). Und der Busfahrplan der KVAG lud dann schließlich geradezu zu einem 20-minütigen Spaziergang nach Hause ein. Mit der BVG wäre das nicht passiert ...